Close

30. Oktober 2019

Verzeihen oder Verbittern?

Wir alle wurden im Laufe unseres Lebens verletzt und genauso haben wir andere verletzt. Vieles passiert auf unbewusster Ebene und oft verletzen wir, weil wir neue Wege einschlagen, die andere so gar nicht verstehen und nachvollziehen können.

Es gibt immer zwei Sichtweisen: die des Opfers und die des Täters. Ich will in diese empfindliche Materie auch nicht tiefer eintauchen und Partei ergreifen. Fest steht, dass jeder nach seinen Werten, seinem Glauben, seiner Toleranz und nach seinen Möglichkeiten handelt. Verletzungen passieren und richten viel Unheil an. Doch wie gehen wir im Idealfall damit um?

Ideal wäre natürlich SOFORT ein klärendes Gespräch. Oft reicht es schon, wenn man urteilsfrei seinem Gegenüber zuhört und versucht die Situation aus seiner Sicht zu betrachten. Allein die Bereitschaft zeigen, zu versuchen, den Anderen zu verstehen ist schon sehr heilsam für die Beziehung. Oft lernen beide daraus und die Beziehung kann wachsen.

Doch meistens sind Verletzungen mit großen Emotionen verbunden.

Mit verletztem Herzen bist du blind –

Du siehst nicht, wie die Dinge wirklich sind!

Das sind Emotionen, die entweder zu Wutausbrüchen, Aggressivität oder zum totalen Rückzug führen.

Und so können manche Geschehnisse zur Last werden und dem Betreffenden erscheint es unmöglich, sie loszulassen. Doch wir alle wissen, dass Ärger krank macht. Zorn, Rache und Angst wirken sich sehr nachteilig auf unser Immunsystem aus.

Doch wie schaffen wir die Vergebungsbereitschaft?

Aus meiner Sicht ist Vergebung nur möglich, wenn es aus innerer Überzeugung der Liebe geschieht. Es ist ein innerseelischer Prozess, der von außen nicht sichtbar ist. Verzeihen bedeutet für mich auch nicht, dass ich das Geschehene gutheiße oder vergesse. Es ist nur ein wohltuendes Loslassen.

Verzeihen kann ich ganz alleine, ich brauche dafür kein Gegenüber. Versöhnen dagegen bedeutet, dem Anderen die Hand zu reichen und um eine zweite Chance zu bitten. Der Wille des „Wiedergutmachens“ ist wichtig.  Im besten Falle kommt es zu einer Entlastung für beide Seiten.

Unversöhnliche Menschen sind meist sehr nachtragend. Sie verharren lieber in der ewigen Opferrolle. Sie wollen auf diese Weise ihre Macht auf andere ausüben und haben oft eine lange Liste voller Erwartungen. Manchmal sind Menschen erst am Sterbebett bereit, zu verzeihen oder um Verzeihung zu bitten.

Warum so lange warten?

Doch was ist die Alternative?  

Wenn wir zwanghaft im starren Konzept verharren führt das unweigerlich zur Verbitterung, zu Zynismus, Rachegelüsten und letztendlich zur Selbstzerstörung.

Ich bin fest davon überzeugt, dass der Wille zur Versöhnung immer ein Ja zum Leben ist. Wir lassen die Last der Vergangenheit hinter uns und können wieder zukunftsorientiert denken. Das ist jedoch nichts, was sich erzwingen lässt.

Wenn du verzeihst,

änderst du nicht die Vergangenheit.

Du veränderst die Zukunft!

Alles Liebe Waltraud